Neurotheologie (Teil 2): Wo ist der Sitz der Seele?

Bei der Annahme, dass es eine Seele gibt, stellt sich die Frage, ob die Seele einen „Sitz“ im Körper hat und wenn ja, wo er sich befindet.

In der altägyptischen Kultur wurde das Zwerchfell als Sitz der Seele angesehen. Diese Vorstellung könnte auf die Wahrnehmung zurückzuführen sein, in extremen Gefahrensituationen ein „flaues Gefühl“ in der Magengegend zu verspüren. Dieses Gefühl wird durch das Sonnengeflecht (auch „Solarplexus“ genannt) hervorgerufen, das sich im Bereich des Zwerchfells befindet.

Auch die Griechen assoziierten das Zwerchfell, mit Emotionen, Gedanken und Bewusstsein. Das griechische Wort „φρήν“ (phren) bezeichnet sowohl das Zwerchfell als auch den Geist oder Verstand. Noch heute reflektiert der Name des Zwerchfellnervs (Nervus phrenicus) diese historische Sichtweise. Allerdings gab es im antiken Griechenland auch die Ansicht, dass das Herz, welches stark auf Emotionen reagiert, der Sitz der Seele sein könnte. So betrachtete der griechische Philosoph, Aristoteles (384 – 322 v. Chr) das Herz als das Zentrum der empfindenden Seele und der Emotionen.

Die Römer übernahmen die Vorstellung von Aristoteles, dass das Herz der Sitz der Seele sei. Diese Idee setzte sich im Mittelalter in der religiösen und philosophischen Tradition fort, wobei das Herz oft als Symbol für Liebe, Glauben und den inneren Zustand des Menschen verwendet wurde. Während der Renaissance und der frühen Neuzeit verbesserte sich das Verständnis von Anatomie und Physiologie, was das Bild des Herzens als Sitz der Seele veränderte. Die aufkommende Wissenschaft offenbarte, dass das Herz eine biologische Pumpe ist, die Blut transportiert, und nichts mit der Seele oder dem Verstand zu tun hat.

René Descartes (1596–1650) wird häufig als der erste Philosoph bezeichnet, der den Sitz der Seele im Gehirn lokalisiert hat. Sein Ansatz zur Lokalisation der Seele divergiert von vorherigen Vorstellungen, welche oftmals das Herz oder das Zwerchfell als Sitz der Seele postulierten. Descartes’ Überlegungen führten ihn zum Sitz der Seele in der Zirbeldrüse (Epiphyse, Epithalamus) im Gehirn. Die Wahl der Zirbeldrüse als Sitz der Seele basiert auf deren zentraler Lage im Gehirn sowie ihrer vergleichsweise isolierten Position. Er dachte, dass diese kleine, zentrale Drüse der ideale Ort für die Interaktion zwischen Geist und Körper sei, da sie als Schnittstelle zwischen Körper und Seele fungieren könnte.

Heute gibt es Autoren, die der Ansicht sind, dass sich der Sitz der Seele im Gehirn befindet. Biologen, wie G. Roth, glauben, dass die Seele ihren Sitz im limbischen System des Gehirns hat.

Da es keinen Beweis für die Existenz einer Seele gibt, ist es müßig, darüber zu diskutieren, wo eine Seele lokalisiert sein könnte. Auffällig ist jedoch, dass im Laufe der Geschichte Menschen, die an eine Seele glauben, den Sitz der Seele immer dort vermuten, wo Emotionen entstehen (limbisches System im Gehirn) oder wo Emotionen körperlich spürbar werden (Zwerchfell, Herz).

Der britische Admiral Lord Nelson hatte in einer Schlacht 1797 seinen rechten Arm verloren und entwickelte danach Schmerzen im nicht mehr vorhandenen Arm. Dieses als Phantomschmerzen bekannte Symptom war bei ihm so ausgeprägt, dass er seine Phantomschmerzen als „Beweis“ für die Existenz eines „Seelenkörpers“ ansah (aus „die Blinde Frau die sehen kann“)

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Autor: Ledochowski

Arzt und Autor

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