Welche Gottesbeweise gibt es?

Es gibt verschiedene klassische Gottesbeweise, die in der Philosophie und Theologie seit Jahrhunderten diskutiert werden. Diese Beweise versuchen, die Existenz Gottes rational zu begründen. Hier sind einige der bekanntesten:

Der ontologische Gottesbeweis:
    • Dieser Beweis wurde ursprünglich von Anselm von Canterbury (1033–1109) formuliert. Er basiert auf der Definition Gottes als das „vollkommenste Wesen“, das man sich vorstellen kann. Anselm argumentierte, dass ein Wesen, das existiert, größer ist als eines, das nur im Geist existiert. Daher müsse Gott, als das vollkommenste Wesen, auch existieren, weil es eine höhere Vollkommenheit wäre, wenn er existiert.

Kritik: Anselm von Canterbury war geprägt von mittelalterlichen Denken, in dem es ganz unmöglich war zu glauben, dass es keinen Gott geben könnte. Der Gedankengang von Anselm ist auf Philoclopedia schön dargestellt, aber vollkommen irrig. Bereits Kant (1724–1804) hat ihn einer vernichtenden Kritik unterzogen. Dieser Kritik ist nichts mehr hinzuzufügen. Die Kirche beruft sich sehr gerne auf Philosophen, die im Mittelalter lebten. Seit dem Mittelalter hat es jedoch einen beträchtlichen Wissenszuwachs gegeben, dem sich die Vertreter der Kirche offenbar nach wie vor verschließen, was eine Diskussion mit Theologen schwierig macht. Der sogenannte „ontologische Gottesbeweis“ entbehrt jedoch aus heutiger Sicht jeder logischen und wissenschaftlichen Grundlage und ist daher nicht einmal diskussionswürdig.

Der kosmologische Gottesbeweis:
    • Dieser Beweis stützt sich auf die Annahme, dass das Universum einen Anfang haben muss. Der kosmologische Gottesbeweis wurde in verschiedenen Formen von Philosophen wie Thomas von Aquin (1225–1274) und Aristoteles formuliert. Ein zentraler Gedanke ist, dass alles, was existiert, eine Ursache hat. Die Kette von Ursachen kann jedoch nicht unendlich zurückreichen, also muss es eine erste unverursachte Ursache (die Gott ist) geben, die das Universum ins Leben gerufen hat.
  • Kritik: Auch hier beruft sich die Kirche auf einen Beweis aus dem Mittelalter, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass es seither eine Entwicklung gegeben hat.
  • Ein Denkfehler bei diesem Beweis besteht darin, dass man bei der Zurückverfolgung der Kette von Ursachen bei „Gott“ stehen bleibt und glaubt, dass es einen Schöpfer eines Universums geben muss. Wenn man schon an das Kausalitätsprinzip glaubt, dann muss es auch einen Schöpfer des Schöpfers gegeben haben usw.  Wenn man aber annimmt, dass Gott aus sich heraus entstanden ist, dann kann man genauso gut annehmen, das Universum aus sich heraus entstanden ist. Jedenfalls ist der kosmologische Gottesbeweis in Wirklichkeit kein Beweis, dass es Gott geben muss.
  • Das Kausalitätsprinzip, auf das sich Theologen hier berufen, entspricht zwar dem Denken eines biologischen Gehirns (das zum besseren Überleben seines Besitzers geschaffen wurde), stellt aber keinen Beweis dafür dar, dass es richtig ist. Die Natur ist voll von nicht kausalen Prozessen, die wir gerne als Zufall (in den Naturwissenschaften) oder als Wunder (in den Geisteswissenschaften) bezeichnen.
  • Ein Beispiel aus der Physik: In der Quantenmechanik gibt es das Phänomen der „Vakuumfluktuationen“. Dabei entstehen spontan Teilchen-Antiteilchen-Paare aus dem Vakuum, die nach kurzer Zeit wieder verschwinden. Dies scheint eine „Wirkung“ zu sein, die ohne eine klare, klassische Ursache auftritt, da diese Fluktuationen aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation als eine Art zufällige Erscheinung verstanden werden können. Man kann also davon ausgehen, dass es viel plausibler ist, dass ein Universum (mit Materie und Antimaterie) aus sich heraus entstanden ist, als dass ein Gott aus sich heraus entstanden ist.
Der teleologische Gottesbeweis (Design-Argument)
    • Dieser Beweis, auch als „Beweis vom Design“ bekannt, beruht auf der Beobachtung der Ordnung und Zweckmäßigkeit im Universum. Wenn man die Natur und die Feinabstimmung der Gesetze des Universums betrachtet, wird argumentiert, dass diese nicht zufällig sind, sondern von einem intelligenten Designer (Gott) stammen müssen. Ein bekanntes Beispiel ist das Argument von William Paley, der sagte, dass die Komplexität einer Uhr auf einen Uhrmacher hinweist, genauso wie die Komplexität des Universums auf Gott hinweist.

Die Vorstellung von „intelligent Design“ beweist eigentlich nur, dass die Vertreter des teleologischen Gottesbeweises das Prinzip der Evolution nicht verstanden haben. Jedem Anhänger dieser Theorie sei ans Herz gelegt, sich mit dem Studium der Evolution zu befassen.
In den USA hat man versucht durch politische Einflussnahme und gerichtliche Prozesse die Darwin’sche Lehre zu verbieten. Wenn man so etwas hört, kann man sich auch die Frage stellen „wie soll man Menschen das Lesen beibringen, wenn ihnen verboten wird in der Schule die Buchstaben zu lernen?“.  Mann sollte meinen, dass die Devise „Denken verboten“ seit dem Mittelalter vorbei ist. Offenbar ist das in manchen Bevölkerungsgruppen auch heute nicht so.
Aber selbst ein leitender Kardinal der katholischen Kirche, der zwar lesen kann, aber offenbar noch keine Bücher über Evolution gelesen hat, outet sich in einem Artikel der New York Times im Jahr 2005,  als Anhänger des „intelligent Designs“.

Der moralische Gottesbeweis:
    • Dieser Beweis, vertreten durch Denker wie Immanuel Kant und C.S. Lewis, argumentiert, dass moralische Werte und Pflichtbewusstsein auf die Existenz eines moralischen Gesetzgebers hindeuten. Die Vorstellung von objektiver Moral würde ohne einen Gott, der diese Moral vorschreibt, schwer zu erklären sein.

Wenn man die Kirchengeschichte ansieht, muss man erkennen, dass sie geprägt ist von unmoralischem Handeln. Mord und Totschlag (Inquisition, Kreuzzüge, Verfolgung von Ungläubigen etc.), Betrug, Lügen und Diebstahl (Konstantinische Schenkung, Ablasshandel, Reliquienhandel, Skandale der Vatikanbank, Vatileaks etc.), Sexskandale (über 300.000 Missbrauchsfälle allein in Frankreich der Nachkriegszeit u.a.). Glaube, Kirche und Moral hat nichts miteinander zu tun. Im Gegenteil, zeigen moderne Studien, dass sich ungläubige Menschen moralischer verhalten als gläubige Personen, dass aber Gläubige subjektiv der Meinung sind, moralischer zu sein als Ungläubige.

Der Erfahrungsbeweis (Erlebnisglaube):
    • Einige argumentieren, dass die persönliche Erfahrung von Gott oder religiöse Erlebnisse ein direkter Beweis für die Existenz Gottes sind. Diese Erfahrungen, die von vielen Gläubigen berichtet werden, werden als Zeugnisse Gottes wahrgenommen, die nicht durch rationale Beweise, sondern durch subjektive Erfahrung erklärt werden können.
Kritik: Menschen, die Gotteserfahrungen gemacht haben, Visionen erlebt haben, sich „eins mit dem Universum“ gefühlt haben usw. sind fest von ihren Erfahrungen überzeugt und lassen sich in der Regel nicht davon abbringen. Es ist auch nicht sinnvoll, jemandem solche Erlebnisse zu nehmen, die in der Regel mit sehr angenehmen Gefühlen einhergegangen sind. Für alle, die aber durch solche Erlebnisse zum Glauben gebracht werden wollen, sei gesagt, dass man sie durch Drogen, die auf sogenannte 5-HTP2a-Rezeptoren wirken (Entheogene, Psychedelika), künstlich herbeiführen kann. Diese Erlebnisse entstehen im Gehirn und haben nichts mit Gott zu tun. Auch das Auftreten von Wundern hat nichts mit Gott zu tun. Wunder sind nur ein Zeichen dafür, dass das Gehirn wie beim Zufall aufhört, Ursache und Wirkung zu verknüpfen, weil es auch nicht überlebensnotwendig ist. So sind die Wunder der Bibel eigentlich alle mit heutigem Wissen erklärbar.

Alle Gottesbeweise sind lediglich rationale Erklärungsversuche von Menschen, die ihre Bildung hauptsächlich von mittelalterlichen Quellen beziehen, aber keine Beweise für die Existenz eines Gottes.  Je mehr man über Gott nachdenkt, desto mehr muss man zu dem Schluss kommen, dass es ihn nicht gibt. Dass es sich dabei um Ideen von Menschen handelt, die damit ein System zur Machterhaltung aufbauen, das den Menschen nur wenig nützt, aber in der Vergangenheit sehr viel Leid verursacht hat.

Xenophanes hat schon 570 v. Chr. erkannt, dass nicht Gott den Menschen, sondern der Mensch Gott erschaffen hat, wenn er sagt: „Hätten die Pferde Götter, würden sie wie Pferde aussehen.“

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