Hodenschmerzen

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c2/Rektal-digitale_Untersuchung.png

Hodenschmerzen können einseitig oder beidseitig, akut oder chronisch auftreten

Ursachen

Ursachen für einseitige akute Hodenschmerzen
  • Hodentorsion: Plötzliche, starke Schmerzen, asymmetrisch hochstehender Hoden => sofortige ärztliche Behandlung.
  • Nebenhodenentzündung (Epididymitis): Akuter bis subakuter Beginn der Schmerzen, häufiger Harndrang, evtl. Ausfluss, oft begleitet von Schwellung, Rötung und Fieber.
  • Hodenentzündung (Orchitis): Akute Schmerzen, oft zusammen mit Schwellung und Fieber, häufig viral (z.B. Mumps).
  • Hydatidentorsion, auch als Torsion der Morgagni-Hydatide bezeichnet, ist eine schmerzhafte Drehung eines kleinen, nicht-funktionalen Überbleibsels embryonalen Gewebes (Hydatide), lokale Schwellung und Empfindlichkeit am oberen Pol des Hodens, (Blue Dot Sign): bläuliche Verfärbung unter der Haut des Hodens, die durch die verdrehte Hydatide verursacht wird, ist manchmal sichtbar.
  • Hodentrauma: Plötzliche Schmerzen nach einer Verletzung durch einen Schlag oder Unfall.
  • Akute Infektionen: Bakterielle Infektionen, wie sexuell übertragbare Krankheiten, können akute Schmerzen verursachen.
Ursachen für einseitige chronische Hodenschmerzen
  • Varikozele: Typischerweise verursachen diese erweiterte Venen im Hodensack chronische, dumpfe Schmerzen, die über längere Zeit bestehen.
  • Hydrozele: Kann chronische Schwellung und unangenehme Gefühle verursachen, eher selten akute Schmerzen.
  • Chronische Nebenhodenentzündung: Lang anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen, oft weniger intensiv als bei akuter Entzündung.
  • Chronische Prostatitis: Kann zu ausstrahlenden Schmerzen in den Hoden führen, die über lange Zeit bestehen.
  • Nervenreizungen oder Nervenprobleme: Lang anhaltende, chronische Schmerzen, die auf Nervenprobleme zurückzuführen sind.
  • Leistenbruch (Inguinalhernie): Kann chronische, dumpfe Schmerzen verursachen, die sich bei bestimmten Bewegungen, Anstrengung oder Husten/Niesen verschlimmern.
  • Hodentumore: In den frühen Stadien oft schmerzlos, können aber chronische Beschwerden verursachen, wenn sie größer werden oder Druck ausüben.
  • Alle Arten von Leistenschmerzen und Hüftschmerzen können auch in den Hoden ausstrahlen.
Ursachen für beidseitige akute Hodenschmerzen
  • Virale Hodenentzündung (Orchitis): Oft durch Mumps verursacht, kann zu akuten, beidseitigen Schmerzen und Schwellungen führen.
  • Akute bakterielle Infektionen: Einige bakterielle Infektionen, wie die durch sexuell übertragbare Krankheiten verursachten, können beide Hoden betreffen und akute Schmerzen verursachen.
  • Hodentrauma: Verletzungen, die beide Hoden betreffen, führen zu akuten, plötzlichen Schmerzen (Hodenprellung? Schwellung? Hämatom?)
Ursachen für beidseitige chronische Hodenschmerzen
  • Chronische Prostatitis: Entzündungen der Prostata können Schmerzen verursachen, die in beide Hoden ausstrahlen und über längere Zeit anhalten.
  • Varikozele: Obwohl meist einseitig, können Varikozelen in beiden Hoden auftreten und chronische, dumpfe Schmerzen verursachen.
  • Chronische Nebenhodenentzündung (Epididymitis): Kann beide Nebenhoden betreffen und zu lang anhaltenden Schmerzen führen.
  • Nervenreizungen oder Nervenprobleme: Nervenprobleme, die beide Seiten betreffen, können chronische Schmerzen in beiden Hoden verursachen.
  • Systemische Infektionen oder Erkrankungen: Bestimmte systemische Erkrankungen, wie chronische Harnwegsinfektionen oder Krankheiten wie Diabetes, können chronische Schmerzen in beiden Hoden verursachen.
  • Hydrozele: Kann selten beide Hoden betreffen und zu chronischer Schwellung und Unbehagen führen.
Weitere Ursachen (ein- oder beidseitig)
  • Post-Vasektomie-Syndrom (Dyspareunie, Ejakulations-Schmerzn, Schmerzen bei körperlicher Anstrengung).
  • Purpura Schönleich-Henoch (Purpura Beine, Gelenkschmerzen, Bauchschmerzen, vorangegangener HNO-Infekt)
  • Polyarteriitis nodosa (Fieber, Gewichtsverlust, Entzündungsmarker erhöht)
  • Aneurysma abdominalis (Einriss in der Hauptschlagader => sofort in die Notfallambulanz)
  • Harnsteine bzw. Nierensteine (Blut im Harnstatus nachweisbar, kolikartige Schmerzen).
  • Forunier-Gangrän (selten)
  • Sexually transmitted disease

Untersuchungen

Zuständig für Hodenschmerzen sind Fachärzte für Urologie. Bei akut auftretenden Schmerzen sollte man sofort eine Notfallambulanz aufsuchen. Bei chronischen Schmerzen ist der Zeitfaktor nicht ganz so bedeutend, es sollte aber immer eine Abklärung erfolgen. In der Wartezeit zum Termin vom Urologen sollte man schon Voruntersuchungen beim Hausarzt durchführen lassen:

  • Fragebogen zur Erfassung der Beschwerden
  • Blutuntersuchungen
    • Komplettes Blutbild
    • Entzündungsparameter: BSR, CRP, Elektrophorese, evtl. Neopterin, Procalcitonin, Serum-Amyloid A u.a.
    • Serologische Tests (Clamydien, Gonokokken, Mumps, HIV etc.)
    • Ausschluss einer Autoimmunerkrankung oder Vaskulitis (AMA, pANCA, cANCA, ACLAG, ACLAM u.a)
    • Tuberkulosetest (Elispot)
  • Urinanalyse und Spermaanalyse
    • Harnstatus (Harnstreifentest) plus Sediment
    • Harnkultur
    • Spermakultur
    • Abstriche für mikroskopische Untersuchung und Kultur (durch den Urologen)
  • Bildgebende Untersuchungen
    • Farb-Doppler-Sonografie des Hodens (Durchblutungsstörungen? Hodentorsion? Strukturveränderungen? Tumor?)
    • MRT der Hoden (nur selten erforderlich)
    • CT-Scan (bei Verdacht auf intraabdominelle Ursachen, Leistenhernie? Abdomineller Tumor etc.)
    • Sonografie des Abdomen (Tumore? Harnstau? Nierensteine? Aneurysema? etc.)
  • Zusatzuntersuchungen
    • Neurologe (bei Verdacht auf neuropathische Schmerzen)
  • Körperliche Untesuchung
    • Rektale digitale Untersuchung: Mit Vaseline oder Gleitgel benetzter Fingerling über den After einführen. Zuerst die Prostata tasten (schmerzhafte Prostata?) dann weiter hinein und oberhalb der Prostata die Nebenhoden tasten (schmerzhafte Nebenhoden?)

Hinweis: alle Angaben ohne Gewähr, eine Vollständigkeit wird nicht gewährleistet, es wird darauf hingewiesen, dass immer ein Arzt zu konsultieren ist.

Therapiemöglichkeiten bei Orchitis oder Epididymitis (muss unter ärztlicher Aufsicht erfolgen)

  • Antibiotika (bei Fieber, Rötung, Schmerzen)
    • Azithromycin, z. Bsp. 1 × 500 mg Tbl p.o./Tag durch 3 Tage ODER
    • Doxyclin z.Bsp. 2 × 100 mg p.o /Tag durch 10 bis 14 Tage ODER
    • Ciprofloxacin 2 × 500 mg p.o./Tag durch 5–10 Tage ODER
    • Ceftriaxon  i.v. oder i.m.
    • Falls nach 48 – bis 72 Std. keine eindeutige Besserung eintritt, muss der Arzt erneut aufgesucht werden, eine bakteriologische Untersuchung des Ejakulats gemacht werden und ggf. das Antibiotikum (nach Antibiogramm) gewechselt werden.  Während der antibiotischen Therapie keine Sonnenexposition, Einnahme von Tbl. nicht mit calziumreichen Nahrungsmittel (Milchprodukte!). Unter Ciprofloxacin-Therapie sollte kein Sport betrieben werden und vorher ein EKG gemacht werden (QT-Zeitverlängerung?).
  • Zur Schmerztherapie kann Ibuprofen oder Dexibuprofen eingenommen werden (Anwendung laut Beipacktext).
  • Allgemeine Maßnahmen: Bettruhe, Hochlagerung und Kühlung des Hodens
  • Eine Mumps-Auffrischungsimpfung wird empfohlen, wenn die letzte Impfung 10 Jahr zurückliegt, meistens nur in Kombination mit Masern und Röteln (MMR-Impfung) möglich.

Autor: Ledochowski

Arzt und Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert