Wer ist für die Regulation von Lärm zuständig?
Die EU hat allgemeine Vorschriften und Richtlinien zur Kontrolle von Lärmbelastungen, die in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen. In Österreich wird der Umgebungslärm durch die Lärmschutzverordnung geregelt:
- Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm:
Diese Richtlinie zielt darauf ab, schädliche Auswirkungen von Umgebungslärm auf die Gesundheit zu vermeiden, zu verhindern oder zu vermindern. Sie schreibt die Erstellung von Lärmkarten und Aktionsplänen vor, insbesondere für Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und große Flughäfen. - Lärmschutzverordnung und Immissionsschutzgesetz-Luft:
Diese Gesetze regeln den Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelästigung und legen Grenzwerte für verschiedene Arten von Lärm (z. B. Verkehr, Industrie) fest. Für Wohngebiete gelten MEIST Grenzwerte von 50 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) nachts. - Zuständig für die Lärmregulierung sind in der Regel die Bürgermeister einer Gemeinde. Sie können lokale Lärmschutzverordnungen erlassen, könnte Lärmzeiten und Lärmregionen festlegen. Sie genehmigen Veranstaltungen und könnten den Veranstaltern Regeln (dB-Begrenzung) auferlegen und haben damit wesentlichen Einfluss auf Veranstaltungslärm. Die Gemeinden sind zuständig, die Einhaltung von Lärmverordnungen zu überprüfen und ggf. die Polizei zu verständigen usw.
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm sind aber viel komplexer und dürfen nicht auf die alleinige Messung von Schalldruck-Werten (dB) reduziert werden!
Was ist eigentlich Lärm?
- Kontrolle über die Lärmquelle: Der eigne Rasenmäher wird nie so laut empfunden wie der Rasenmäher des Nachbarn, obwohl in dB gemessen die Lautstärke höher ist. Warum ist das so? Weil der eigene Rasenmäher abgestellt werden kann, wenn der Lärm zu nerven beginnt und weil man im Moment des Rasenmähens den Körper nicht auf Erholung, sondern auf „Arbeit“ geschaltet hat. Hat man also keine Kontrolle über die Lärmquelle, dann sind die gesundheitlichen Auswirkungen des Lärms größer. Das gilt für alle nicht kontrollierbaren Lärmquellen wie Nachbarschafesslärm, Verkehrslärm, Fluglärm etc. Hier helfen nur Lärmschutzverordnungen, die von den jeweiligen Politikern geschaffen werden müssten.
- Assoziation von Lärmquellen: 80 dB Meeresrauschen wird nicht so unangenehm empfunden wie 80 dB Autobahnrauschen. Mit dem Meeresrauschen sind meist angenehme Erinnerungen assoziiert als mit Autobahnlärm. Deshalb wird die Lärmquelle „Meer“ nicht so gravierende gesundheitliche Auswirkungen haben wie die Lärmquelle „Verkehrslärm“
- Informationsgehalt der Schallquellen: Immer dann, wenn ein Geräusch Informationen enthält (Musik, Gespräche, Warnsignale, das Piepsen eines rückwärtsfahrenden LKWs usw.), muss der Mensch seine Aufmerksamkeit zumindest für kurzfristig auf die Geräuschquelle richten. Er kann nicht anders, weil er von der Natur so gebaut ist. Werden dabei starke Emotionen ausgelöst (z. B. unangenehme Musik), sind manche Menschen nicht mehr in der Lage, ihre Aufmerksamkeit davon zu lösen. Auch nicht durch „gutes“ Zureden, dieses verschlimmert die Situation meistens sogar. Lärm mit Informationsgehalt (Veranstaltungslärm!) ist daher als schädlicher einzustufen als andere Lärmarten.
- Unentrinnbarkeit von einer Lärmquelle: Ein tropfender Wasserhahn kann ziemlich auf die Nerven gehen, auch wenn dabei niemals Schallgrenzen von 40 dB oder 50 dB erreicht werden. Befindet sich der tropfende Wasserhahn in einer Gefängniszelle, werden die gesundheitlichen Auswirkungen höher sein als eine gleiche Lärmquelle in einem Zimmer, das man jederzeit verlassen kann. Ein anderes Beispiel: Eine Lärmquelle durch einen Verkehrsweg (Autobahn, Eisenbahn, Flughafen) der neben einem Haus neu gebaut wird, kann für einen armen Menschen mehr gesundheitliche Auswirkungen haben als für einen reichen Menschen. Warum? Der arme Mensch wird kaum in der Lage sein, sich ein neues Haus zu kaufen, während der reiche Mensch wegziehen könnte. Allein dieses Bewusstsein der Fluchtmöglichkeit bzw. der Unentrinnbarkeit führt schon zu gesundheitlichen Schäden.
Was ist der Unterschied von Lärmbelastung und Lärmbeanspruchung?
Die o. a. Punkte sollten dazu Anlass geben, dass Lärmgutachten nicht nur an Techniker, sondern auch an Psychologen oder Ärzte, die sich mit Lärm beschäftigen vergeben werden. Die rein technische Beurteilung von Lärm kann niemals die gesundheitlichen Auswirkungen und Belastungen der Menschen bewerten.
In der Arbeitsmedizin unterscheidet man schon seit langem zwischen Belastung und Beanspruchung. Als Beispiel dafür wird meistens das Tragen eines 50 kg schweren Zementsackes angegeben. Ein Kraftsportler wird das mit Leichtigkeit schaffen. Ein kleines Mädchen wird so ein Gewicht kaum oder nur mit größter Anstrengung tragen können. Die Belastung ist für beide Menschen gleich gross nämlich 50 kg. Die Beanspruchung ist aber für das Mädchen um vieles höher.
Während dieser Unterschied in der Arbeitsmedizin üblicherweise berücksichtigt wird, ist das bei der Bemessung von Lärm fast nie der Fall. Hier werden lediglich dB Werte berücksichtigt. Ob die Lärmexposition ein Baby oder einen kranken Menschen betrifft, bleibt in der Regel unberücksichtigt. Auch wird die Beanspruchung durch Musiklärm für einen Teilnehmer eines Festes anders zu bemessen sein als für Anwohner die vielleicht nach einem schweren Arbeitstag schlafen müssten.
Was kann man gegen Lärm tun? (bitte hier klicken)
Ich freue mich über weitere Ideen (Bitte unter Kommentare einbringen)