Sterben in Würde (unzulängliches Sterbeverfügungsgesetz)

Leserbrief vom 25.09.2024 in der SNAm 19.9.2024 hat sich der österreichische Verfassungsgerichtshof mit dem Sterbeverfügungsgesetz befasst und eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Das Ergebnis ist noch nicht bekannt. Aber es betrifft uns alle. Wenn kirchliche Kräfte gegen eine humane Sterbehilfe sind, weil sie einen Sinn im Leiden sehen, dann sollen sie dieses Leiden in ihrem eigenen Leben auf sich nehmen. Es kann aber nicht sein, dass die Kirche Einflussnahme auf den Gesetzgeber nimmt, sodass auch nichtgläubige Menschen völlig unnötig Leiden auf sich nehmen müssen und unter Schmerzen sterben sollen.

Medizinische Probleme beim Sterbeverfügungsgesetz (StVfG)

  • Wie wenig sich die Verfasser des Gesetzestextes mit dem Sterben auseinandergesetzt haben, zeigt sich allein daran, dass derzeit im StVfG nur eine Dosis von 15 g eines Barbiturates für den Suizid zur Verfügung gestellt wird. Unabhängig davon, ob es sich um eine 40 kg schwere Frau oder einen 150 kg schweren Mann handelt. Doch diese Dosis ist für manche Menschen zu gering. Es sind anekdotische Fälle beschrieben, in denen Menschen 4 Stunden lang nicht sterben konnten und sich dabei sehr schlecht fühlten. In einem Fall wurde eine Dosis von 20 g Pentabarbital überlebt. Es ist daher dringend zu fordern, dass die intravenöse Gabe eines Babriturates während einer Narkose (z. B. mit Propofol) gesetzlich erlaubt wird. Dies erfordert jedoch die Anwesenheit und Hilfe eines Arztes. Auch hier muss die Möglichkeit einer aktiven Sterbehilfe und nicht nur eines assitierten Suizids geschaffen werden. Außerdem ist nach Eintritt des Todes ein 3-maliges EEG mit Nulllinie (wie bei einer Todesfeststellung zur Transplantatentnahme) zu fordern, bevor jemand für tot erklärt wird.
  • Bei einem Suizid denken alle sofort an Depressionen und psychischen Erkrankungen. Studien zeigen aber:  Die Rolle von psychischen Erkrankungen beim Suizid wird offenbar überschätzt

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Autor: Ledochowski

Arzt und Autor

8 Gedanken zu „Sterben in Würde (unzulängliches Sterbeverfügungsgesetz)“

  1. Sehr geehrter Herr Prof.

    Herzlichen Dank für ihren Leserbrief in der heutigen Ausgabe der SN.
    Sie sprechen mir aus dem Herzen, zumal ich so viele Fälle von selbstgewählten Suiziden in gewaltsamer Form im Bestattungsunternehmen erlebe.
    Die Hürden, die Menschen gesetzt werden, wenn jemand aus freier Wahl dem Leben ein Ende setzen möchte, sind einfach unverständlich. (Palliativmediziner und ein Facharzt sollen woher gezaubert werden??????).
    Wegen dieser Hürden nimmt man den „Geisterfahrerweg, die hohe Brücke, die Schusswaffe etc. etc. ) Bei all diesen gewaltsamen Suizidvarianten wird weggeschaut und in pharisäischer Weise krampfhaft nach Erklärungen gerungen.
    Der von ihnen vorgeschlagene Weg, Menschen human und autonom „hinüberzugeleiten“ scheint vor allem von den christlichen Kirchen, die dazu durch eigenes Versagen, jegliche Deutungshoheit in der westeuropäischen Gesellschaft eingebüßt haben, torpediert zu werden.

    Ihnen noch einen guten Tag und FG

    Mag. Philipp Überbacher

  2. Sehr geehrter Herr Dr. Ledochowski,

    für Ihren Leserbrief in den Salzburger Nachrichten zum Recht auf ein Sterben in Würde:
    DANKE, DANKE, DANKE !

    Und zwar nicht nur in Bezug auf ein Plädoyer für einen selbstbestimmten Tod, sondern speziell für den Hinweis darauf, daß die Medizin heute dem Menschen ein würdiges Sterben verwehrt.
    Die Natur wäre gnädig und würde einem Menschen den Tod ermöglichen, wenn nicht dagegen angegangen würde.
    Oft werden Patienten auch mit in ihren Nebenwirkungen grausigen Therapiezwängen konfrontiert (ich sage bewusst nicht Therapievorschläge) und diese als alternativlos hingestellt, anstatt eine entsprechende Begleitung in einen würdigen, natürlichen Tod zu ermöglichen und die ärztliche Kunst für ein möglichst schmerzfreies, behütetes Verlassen dieser Welt anzubieten.

    Wenn ich mir dann noch anschaue, was sich in Pflegeheimen abspielt mit Menschen, die nur noch dahinvegetieren und „auf Teufel komm raus“ (an dieser Redewendung ist in diesem Kontext sinnbildlich Wahres) mit Medikamenten organisch am laufen gehalten werden – ein Vergehen am Menschen sondergleichen.

    Freundliche Grüße,
    Doris Gruber

  3. Sehr geehrter Herr Dr. Ledochowski; herzlichen DANK für Ihren humanen, klugen, einfühlsamen Leserbrief zum Thema Sterben in Würde. Mein Mann und ich (93 und 81 Jahre alt), eigentlich noch ganz fit und lebensbejahend, wünschen uns nichts so sehr, als eines Tages (an allen anderen Tagen nicht 😉!) möglichst noch schmerzfrei, auf jeden Fall aber selbstbestimmt und friedlich miteinander einzuschlafen. Darüber streiten wir schon eine ganze Weile mit einer Internisten/Freundin, die uns partout nicht helfen will. Dürfen wir mit Ihrer Unterstützung rechnen?? Mit herzlichen Grüssen aus Salzburg, W.P.

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