Fibromalgie. Eine neue Hypothese ihrer Entstehung

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Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie äußert sich durch Schmerzen an den Sehnenansätzen derjenigen Muskeln, die den Körper gegen die Schwerkraft halten müssen. Diese Muskulatur, die gegen die Schwerkraft arbeitet, wird auch als tonische Muskulatur bezeichnet. Die der Fortbewegung dienende Muskulatur wird als phasische Muskulatur bezeichnet und ist bei Fibromyalgie nicht betroffen. Das unterscheidet die Fibromyalgie auch von der Polmyalgia rheumatica, bei der alle Muskeln schmerzhaft sind. Außerdem spricht die Polmyalgia rheumatica auf eine Therapie mit Kortison sehr gut an, während die Fibromyalgie nur schlecht oder gar nicht auf Kortison anspricht.

Wie diagnostiziert man eine Fibromyalgie
Die Diagnose wird durch die Schmerzempfindlichkeit bestimmter Druckpunkte gestellt. Die schmerzhaften Punkte entsprechen den Sehnenansätzen der tonischen Muskulatur. Eine apparative Diagnostik oder die Bestimmung bestimmter Laborwerte trägt zu Diagnosestellung nicht bei. Solche Untersuchungen helfen höchstens andere schmerzhafte Erkrankungen auszuschließen.  Zur Abklärung einer Fibromyalgie sollten aber alle u. a. Ursachen für Schlafstörungen ausgeschlossen und behandelt werden  (Psychiatrie, Endokrinologie, Stoffwechselkrankheiten, Gynäkologie, Infektiologie, Immunologie, Rheumatologie, Pulmonologie, Kardiologie, Allergologie, Gastroenterologie, Neurologie, Schlaflabor mit Polysomnografie u.a.). Leider wird sich kaum ein Arzt finden, der bereit ist, alle diese Abklärungen durchzuführen. Aber man kann ja schrittweise einer solchen Abklärung näher kommen.
Hypothese der Krankheitsentstehung
Sehnenansätze entzünden sich immer dann, wenn sie chronisch überlastet sind. Der entsprechende medizinische Ausdruck einer Entzündung der Sehenansätze lautet Enthesitis oder Enthesiopathie. Die bekannteste Form einer Enthesiopathie ist der Tennisellenbogen. Jeder, der schon einmal einen Tennisellbogen hatte, weiß, wie langwierig die Heilung ist und dass die Ruhigstellung bzw. Entlastung der entsprechenden Muskeln eine Voraussetzung dafür ist, dass die Enthesiopathie ausheilen kann. Eine Entspannung der tonischen Muskulatur kann nur während des Schlafes erfolgen. Zu jeder anderen Zeit steht die tonische Muskulatur unter Spannung. Das bedeutet aber, dass die Therapie der Fibromyalgie in erster Linie darin bestehen muss, die normale Schlafarchitektur wieder herzustellen und für einen ausreichend langen durchgehenden Schlaf zu sorgen (eigene Hypothese). Das bedeutet, der Schlaf muss ausreichend REM-Phasen und alle 4 non-REM-Schlafphasen durchlaufen. Oft glauben Betroffene gut zu schlafen, weil sie nicht aufwachen. Wenn sie aber nur die Schlafphasen 1 + 2 erreichen, aber nie die Phasen 3 + 4, schlafen sie subjektiv gut, die tonische Muskulatur kann sich aber unter diesen Umständen nicht ausreichend regenerieren. Damit bleibt die chronische Überlastung der Sehnenansätze jeden Tag durch 24 Stunden bestehen.
Ursachen für schlechten Schlaf
  • Psychische Belastungssituationen und psychiatrische Erkrankungen vor allem Depressionen (häufigste Ursache für Schlafstörungen!).
  • Jegliche Form der Immunstimulation (Autoimmunkrankheiten, Krebs, [latente] Infekte, Fehlbesiedelung im Darm u.v.a.)
  • Mangelzuständen (Vitamin B3-, B6-Mangel, Malabsorptionsyndrom, Anorexia nervosa u.a.)
  • Allergien, vor allem Asthma bronchiale, alle Krankheiten mit Atemnot.
  • Schlafapnoe-Syndrom (OSAS, zentrales SAS, Übergewicht u.a.)
  • Hormonstörungen (Schildrüsenfunktionsstörungen, Menopause u.a.)
  • Schmerzzustände (Hier entsteht ein Teufelskreis: Fibromyalgie => Schmerzen => Schlafstörungen => Fibromyalgie)
  • Stoffwechselstörungen (Metabolisches Syndrom, Diabetes, nächtliche Hypoglykämie u.v.a).
  • Neurologische Erkrankungen (Mb. Parkinson, Z.n. Schädel-Hirn-Trauma uva.)
  • Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz, nächtliche Stenokardien u.a.)
  • Biorhythmusstörungen (ASPS, DSPS u. a.)
  • Medikamenten-Nebenwirkungen (zahlreiche)
  • Intoxikationen (Coffein, Alkohol  u. a.)
Therapieansätze

Immer wenn es keine wirklich wirksame Therapie für eine Erkrankung gibt, finden sich im Internet und in den medizinischen Lehrbüchern unzählige Medikamente, für die eine Wirksamkeit „nachgewiesen“ wurde. Auf jeden Fall muss die Grundkrankheit, die zu Schlafstörungen führte, gefunden und behandelt werden. Ich selber habe oft mit der Gabe von sehr niedrig dosiertem Mirtazapin, evtl. in Kombination mit Daridorexant, ganz gute Erfolge erzielt. Beide Medikamente sind aber nicht für diese Diagnose zugelassen. Man müsste also einen Arzt finden, der dies „off Label“ verschreibt und die Verantwortung übernimmt. Ein Ansprechen kann man erst nach etwa 12 Wochen erwarten.

Bitte beachten Sie, dass die oben angeführten Ansichten nur meine persönliche Meinung darstellt, die nicht durch Studien bewiesen ist! Jegliche Therapie muss in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt erfolgen, eine Haftung wird ausgeschlossen. Es würde mich aber freuen, wenn der eine oder andere Arzt entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen dazu machen würde.

Anmerkung:
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Autor: Ledochowski

Arzt und Autor